Häufige Fragen - Energie
Für die Beantwortung dieser Frage müssen verschiedene Blickrichtungen (bilanzielle Klimaneutralität, real physikalische Klimaneutralität) betrachtet werden. Auf der bilanziellen Seite ist die Klimaneutralität des Stroms maßgeblich abhängig vom gewählten Stromtarif. Da es eine gesetzliche Wahlfreiheit des Stromlieferanten gibt, hängt die tatsächliche Klimabilanz also von den Bewohnerinnen und Bewohnern entscheidend mit ab. Darüber hinaus ist aber auch zu verstehen, dass Ökostromtarife häufig auf einem sogenannten Zertifikathandel basieren, die Stromanbieter also Grünstromzertifikate einkaufen, der grüne Strom aber tatsächlich beispielsweise im Ausland erzeugt und auch verbraucht wurde. Hinsichtlich dieser real physikalischen Klimaneutralität stellen die Kraftwerke der Stromanbieter dabei häufig auch nicht-grünen Strom bereit. Daher ist die lokale Verfügbarkeit von grünem Strom im zeitlichen Zusammenhang mit dessen Nutzung ein wesentliches Kriterium und es kann zwischen echtem grünem Strom aus dem Quartier und aus der Region bzw. dem gleichen Netzgebiet unterschieden werden. Im Quartier Helleheide wird über Photovoltaikanlagen auf den Dächern ein Teil des Stroms unmittelbar im Quartier erzeugt und zum Planungsstand Frühjahr 2022 in Teilen über Mieter:innenstrommodelle auch den Bewohner:innen angeboten, so dass externe Stromlieferungen reduziert werden.
Konkret handelt es sich mit Stand Januar 2023 um folgende Umsetzung des Mieter:innenstrommodells. Das Mieter:innenstrommodell wird in Form von Photovoltaikanalagen auf den Dachflächen der Mietwohnungen in Kooperation mit Lichtblick erfolgen. Die Planung, Errichtung und Betrieb erfolgt durch Lichtblick (Mieter:innenstromlösung/Dachpachtmodell). Somit können die künftigen Bewohner:innen lokalen, grün produzierten Strom nutzen. Anwohner:innen können trotzdem z.B. durch die Nutzung von Balkon-PV ihren Zukauf von externer Energie reduzieren und damit Emissionen sicher vermeiden. Wird Strom von außerhalb des Quartiers bezogen, so liegt der bilanzielle jährliche Anteil erneuerbarer Energien im Netzgebiet der EWE über 95%.
Durch die Entscheidung, die Wärmeerzeugung im Quartier mittels Wärmepumpen zu realisieren, hängt die Betrachtung der Klimaneutralität der Wärmeversorgung von der Klimaneutralität des eingesetzten Stroms ab. Im Quartier Helleheide wird über Photovoltaikanlagen auf den Dächern ein Teil des Stroms unmittelbar im Quartier erzeugt und zum Teil auch für den Betrieb der Wärmepumpen eingesetzt (Planungsstand Frühjahr 2022). Für den darüber hinaus benötigten Strom wird Ökostrom zugekauft. Dabei gelten die gleichen Betrachtungen wie in der Frage zu „Ist mein Strom im Quartier klimaneutral?“.
Sowohl die Wärmeversorgung als auch die Stromversorgung des Quartiers Helleheide sind zunächst in sich geschlossene und für diesen Fall optimierte Energiesysteme.
Eine Erweiterung des Wärmenetzes auf direkt anliegende Gebäude wäre theoretisch denkbar, wird aber derzeit nicht konkret geplant, da die Eigentums- und Planungsstrukturen noch nicht konkret genug sind.
Die Erweiterung eines Quartiersstromnetzes in Form einer Kund:innen-Anlage auf die umliegenden Gebiete ist aufgrund aktueller energierechtlicher Rahmenbedingungen ausgeschlossen.
Unabhängig von der aktuellen, räumlich begrenzten Planung des Energiesystems vom Quartier Helleheide, können andere Akteure auf dem Fliegerhorst ein ähnliches System aufbauen, oder auch nur bestimmte Aspekte aus dem Projekt weiterdenken und in andere Gebäude oder Quartiere auch über die Grenzen des Fliegerhorsts hinaus übertragen. Die Übertragbarkeit ist eines der Projektziele – daher werden die Lösungen, die entwickelt werden, auch der Öffentlichkeit präsentiert und es ist durchaus gewünscht, dass bestimmte Dienstleistungen oder technische Lösungen an anderer Stelle genutzt und weiterentwickelt werden können. Aus diesem Grund betreibt die Stadt Oldenburg und weitere Akteure das Reallabor Helleheide für mindestens weitere 10 Jahre, um Ideen und Geschäftsmodelle reifen oder von Bürgerinnen und Bürgern evaluieren zu lassen.
Um diese Frage zu beantworten haben wir im Jahr 2021 eine Simulation durchgeführt, bei der jeder Balkon von bisher 3 Gebäuden im Quartier Helleheide untersucht wurde. Dabei wurde die Sonneneinstrahlung (Winkel, Intensität), die Verschattung durch Gebäude und Bäume und der erwartete Eigenverbrauch des produzierten Stroms berücksichtigt. Von den bisher 43 untersuchten Balkonen eignen sich 33 besonders gut für Balkonkraftwerke. Diese amortisieren sich mit der Förderung der Stadt Oldenburg bereits nach 2-3 Jahren. Sieben der Balkone eignen sich mäßig (Amortisationszeit 3-5 Jahre) und drei Balkone eignen sich durch die Verschattung des südlichen Waldgebiets leider weniger für Balkonkraftwerke. Aufgrund allgemein steigender Strompreise ist zu betonen, dass die Amortisationszeit in Zukunft eher sinken wird und sich Balkon-PV-Anlagen noch schneller lohnen werden.
Die Energieversorgung soll möglichst nachhaltig, also unter Vermeidung von fossilem CO2, zu aktuell marktgängigen Preisen erfolgen. Lokale Bedarfe sollen möglichst lokal bedient werden, Überschüsse aber auch vermieden werden. Eine Autarkie ist dabei aber nicht angestrebt. Damit ergeben sich als Leitindikatoren (key performance indicators = KPI) CO2-Emissionen, Kosten und Eigenverbrauch. Energieeffizienz ist kein KPI, da davon ausgegangen werden kann, dass nachhaltige und gleichzeitig kostengünstige Versorgungsstrategien ressourcenschonend sind.
Außerdem sollte ein Konzept nur für das Helleheide-Quartier entwickelt werden. Der Fliegerhorst als Gesamtheit sollte nach Vorgabe des Masterplans nicht betrachtet werden, wodurch größere Konzepte ausgeschlossen wurden.
Ausschlaggebend für die endgültige Investitionsentscheidung seitens der GSG waren neben den oben genannten Leitindikatoren (KPI) auch äußere Rahmenbedingungen, die sich außerhalb des Einflussbereiches des Forschungsprojektes befanden.
So war z.B. aufgrund veränderter Förderbestimmungen bei der öffentlichen Wohnraumförderung zwischenzeitlich auch die Inanspruchnahme von Zuschüssen der KfW für energieeffiziente Gebäude möglich. Dieser Umstand hatte einen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidung der GSG im Quartier Helleheide, um einen deutlich höheren Gebäudeenergiestandard anzustreben.
Die Vorgaben der KfW in Bezug auf den Einsatz erneuerbarer Energien waren jedoch mit einem Erdgas betriebenen BHKW (Blockheizkraftwerk), wie es von der KEHAG ursprünglich vorgesehen wurde, nicht mehr zu erfüllen. Daher wurde seitens der GSG beschlossen, auf ein wärmepumpenbasiertes Konzept zur Energieversorgung umzustellen.
Dieser Technologiewechsel führte im Umkehrschluss dazu, dass das von der KEHAG entwickelte Geschäftsmodell des Quartiersaggregators aufgegeben werden musste, da ein flexibel steuerbarer Stromerzeuger (BHKW) innerhalb der Kund:innen-Anlage entfällt und gleichzeitig mit der Wärmepumpentechnologie der Strombedarf signifikant erhöht wurde.
Leider kam es zu Beginn des Jahres 2022 zu einem Förderstopp durch die KfW. Dies hatte zur Folge, dass für den Mietwohnungsneubau keine Zuschüsse mehr beantragt werden konnten. Aufgrund des fortgeschrittenen Planungsstandes wurde seitens der GSG beschlossen, auch ohne die Zuschüsse der KfW an dem gewählten Wärmepumpen-Konzept und dem höheren Energiestandard der Gebäude festzuhalten.
Durch den Einkauf bzw. den Verbrauch von Energie durch die GSG (Wärmeversorgung) bzw. die Bewohner:innen (Haushaltsstrom) sind die Energiebilanz und damit die Emissionen grundlegend erst einmal festgelegt. Die Emissionen können aber durch eine zeitliche Verschiebung des Verbrauchs abhängig von den Emissionen im Strommix geändert werden. Das bedeutet, dass am Beispiel von Strom aus dem deutschen Stromnetz tagsüber bei Sonnenschein oder aktiven Windanlagen, weniger Emissionen verursacht als nachts ohne Windenergie. Diese Emissionsfluktuation im Strommix kann sich das Quartier zu Nutze machen und genau zu Zeiten geringer Emissionen Energie z.B. für die Aufladung von Wärmespeichern beziehen.
Anwohner:innen können heute beispielsweise durch die Nutzung von Balkon-PV ihren Zukauf von externer Energie reduzieren und damit Emissionen vermeiden.
Vorausgesetzt wird, dass die Emissionen überwacht werden, sodass im Bedarfsfall aus Sicht des Projektes ENaQ nachgesteuert werden kann. Hierbei spielt insbesondere der Fortschritt der bundesdeutschen Energiewende eine entscheidende Rolle. Dieser legt fest, ob dynamische Erzeugung oder dynamischer Verbrauch insgesamt vorteilhafter sind.
Das Energiekonzept sieht für die Wärmeversorgung der Mietwohngebäude eine gemeinsame Energiezentrale in Verbindung mit einem Nahwärmenetz vor. Für die Wärmeerzeugung werden in der Energiezentrale zwei Luft-Wasser-Wärmepumpen installiert. Das Nahwärmenetz wird im Niedertemperaturbereich betrieben und speist die dezentral vorgesehenen Pufferspeicher (je 3.000 Liter) in die jeweiligen Gebäude. Zusätzlich ist ein zentraler unterirdischer Pufferspeicher (14.000 Liter) vorgesehen. Dieser dient der Abdeckung von Lastspitzen und der Steigerung der Effizienz der Wärmepumpen. Da die Wärme im Niedertemperaturbereich (ca. 40°C) erzeugt wird, reicht die Wärme der Wärmepumpen allein nicht aus, um warmes Trinkwasser (ca. 50°C) zu erzeugen. Daher ist in jeder Wohneinheit eine elektrische Nachheizung vorgesehen, um das erforderliche Temperaturniveau des warmen Trinkwassers zu erreichen. Alle Wohnungen erhalten Fußbodenheizungen und bedarfsgesteuerte dezentrale Abluftsysteme. Für die Stromversorgung ist die Errichtung von Photovoltaikanlagen auf den Dächern nach den Vorgaben des Bebauungsplanes (mind. 50% der technisch nutzbaren Dachfläche) in Kombination mit einem Mieter:innenstrom-Modell (LICHTBLICK) geplant. Alle Gebäude erhalten einen Anschluss an das öffentliche Stromnetz. Die Neubauten erfüllen in Bezug auf die energetische Qualität der Gebäudehülle die Anforderungen an den KfW-Effizienzhaus 40 Standard. Die Sanierung des ehemaligen Unterkunftsgebäudes erfolgt nach den Vorgaben für den KfW-Effizienzhaus 55 EE Standard.
Für die beiden Gebäude mit den Eigentumswohnungen wird ebenfalls ein Energiekonzept umgesetzt, welches auf eine zentrale Luft-Wasser-Wärmepumpenanlage in Kombination mit einer, beide Gebäude verbindenden Nahwärmeleitung setzt. Allerdings erfolgt die Bereitstellung der Wärme für die Eigentumswohnungen grundsätzlich unabhängig von der oben beschriebenen Anlage für die Mietwohngen.
Auch in den Gebäuden mit den Eigentumswohnungen wird es Pufferspeicher zur Abdeckung von Lastspitzen und zur Optimierung der Effizienz der Wärmepumpen geben. Die erforderliche Nachheizung des Trinkwarmwassers erfolgt ebenfalls elektrisch. Die Wärmeübertragung in den Wohnungen wird über Fußbodenheizungen umgesetzt. Für die Eigentumswohnungen sind zentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung vorgesehen. Für die Stromversorgung ist die Errichtung einer gemeinsamen Photovoltaikanlage auf den Dächern nach den Vorgaben des Bebauungsplanes (mind. 50% der technisch nutzbaren Dachfläche) in Kombination mit einem Mieter:innenstrom-Modell (in Zusammenarbeit mit OLEGENO) geplant. Da die beiden Gebäude nach den Vorgaben des KfW-Effizienzhaus 40 Plus Standards errichtet werden, ist zudem die Errichtung von Batteriespeichern vorgesehen.
Weitere Infos in Frage „Welche Kriterien wurden für die die Auswahl des Energiesystems angelegt?“.
Die endgültigen Preise stehen noch nicht fest. Wir haben aber ein großes Interesse daran diese marktüblich zu gestalten.
- Strom: marktübliche Preise werden angestrebt, vermutlich eher günstiger als der Durchschnitt (vgl. mit Neubau Mehrfamilienhaus), Mieter:innenstrommodell.
- Wärme: Wärme ist vom Betreiber der Wärmepumpen zu beziehen. Für die Wärmelieferung in den Mietwohnungen wird die neugegründete GSG ENERGIE verantwortlich sein. Für die Eigentumswohnungen erfolgt die Wärmelieferung durch die OLEGENO. Weitere Details zum Betreiberkonzept der Wärmepumpen sind, ist zum aktuellen Zeitpunkt (Stand Februar 2023) noch nicht bekannt. Somit können mit jetzigem Stand auch keine Kosten genannt werden.
Das PV-Feld am Fliegerhost wurde lange vor der Umwidmung 2011 des restlichen Fliegerhorsts errichtet und läuft auch unter damals gültigen Förderbedingungen. Damit wurde auch festgelegt, wie der Strom vermarktet werden wird. Deshalb ist aktuell (Ende 2022/Anfang 2023) leider auch keine engere Kooperation aus dem PV-Feld am Fliegerhorst und dem Quartier Helleheide möglich.
Physikalisch bzw. Praktisch wird der Strom dieser Anlage in der näheren Umgebung und somit auch im Quartier Helleheide genutzt. Eine vertragliche Kopplung dieser regionalen Stromerzeugung ist im aktuellen EEG allerdings für keine Seite lohnend.
Die Fragestellung zur Auswahl des Energiekonzepts sollte möglichst technologieoffen erfolgen, sodass fossile Energieträger ausdrücklich erlaubt waren. Außerdem spielen sie aufgrund der gegenwärtigen Kostenstrukturen eine große Rolle, wenn günstige (konventionelle) Lösungen gesucht werden. Da im Projekt auch nach Transformationspfaden („Übergangstechnologien“) gesucht werden, stellen die Verbesserungen zum Status-Quo eine Option dar. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn ein bundesdeutscher Strommix berücksichtigt wird, der auch noch fossile Erzeugung beinhaltet. Eine 100% erneuerbare Lösung würde demnach auch im Moment 100% Autarkie in Form einer Inselanlage oder 100% Erneuerbare Energien im bundesdeutschen Strommix erfordern. Beide Lösungen sind im Projekt nicht möglich.